Im Nachhall der Debatten zum 12-Stundentag bzw. der 60-Stundenwoche war in Medien vereinzelt von einer angeblich geplanten Abschaffung der fünften Urlaubswoche zu lesen. Europarechtlich durch die Arbeitszeitrichtlinie abgesichert sind nämlich nur vier Wochen Urlaub im Jahr, wodurch den österreichischen Gesetzgebern sogar ein gewisser Spielraum zur Verfügung stehen würde. Glücklicherweise haben sich derartige Befürchtungen aus Sicht der Arbeitnehmer bis dato nicht bewahrheitet. Stattdessen wurde der Anspruch auf die sechste Urlaubswoche ins Blickfeld gerückt.

Das Rechtsreferat der Landarbeiterkammer muss bedauerlicher-weise bestätigen, dass die sechste Urlaubswoche in der Praxis tatsächlich sehr gerne „vergessen" und teilweise erst Jahre später – obendrein oft zufällig aus ganz anderem Anlass heraus – entdeckt wird. Im Gegensatz zu anderen arbeitsrechtlichen Ansprüchen gelingt die Durchsetzung allerdings verhältnismäßig leicht, da zum Beweis der Anspruchsvoraussetzungen in aller Regel schon die Vorlage des Versicherungsdatenauszuges aus-reicht. Diesen verlangen auch wir als erstes, wenn wir die sechste Urlaubswoche prüfen sollen, weswegen der Versicherungsdatenauszug dann bereits parat sein sollte.

Anspruchsvoraussetzungen

Gemeinhin bekannt ist die Grundregel, wonach ab Vollendung von 25 Dienstjahren im selben Betrieb sechs Wochen Urlaub zustehen. Dies gilt sowohl bei den Arbeitsverhältnissen, welche den Urlaubsbestimmungen der Landarbeitsordnung unterliegen (Arbeiter), als auch für diejenigen bei denen das Urlaubsgesetz gilt (in der Regel Angestellte). Obwohl die weiteren Bestimmungen beinahe identisch sind, ergeben sich dennoch feine Unterschiede, wobei die Landarbeitsordnung abgesehen von der Berücksichtigung eines Hochschulstudiums in Summe günstiger als das Urlaubsgesetz ist.

Stellenweise sehen unsere Kollektivverträge leichte Besserstellungen vor. Der Übersichtlichkeit halber wird auf diese hier aber genauso wenig näher eingegangen, wie in der Praxis weniger relevante Anrechnungsbestimmungen im Gesetz.

Dienstzeiten

Zu den notwendigen 25 Dienstjahren zählt nicht nur selbstredend die Dienstzeit seit dem letzten Eintritt in den Betrieb, sondern auch die vorige Beschäftigungszeit in diesem Betrieb aus einem früheren Arbeitsverhältnis, wenn die Unterbrechung nicht vom Arbeitnehmer allein zu verantworten ist und nicht länger als drei Monate (Urlaubsgesetz) bzw. 12 Monate (Landarbeitsordnung) dauerte. Wenn die Unterbrechung länger dauerte und ein KV keine günstigere Zusammenrechnungsbestimmung kennt, so gelten solche Vordienstzeiten aber wie Dienstzeiten aus einem anderen Arbeitsverhältnis.

Dienstzeiten bei anderen Arbeitgebern müssen nämlich mit einem Höchstausmaß von fünf Jahren vom gegenwärtigen Arbeitgeber auf die 25 Jahre angerechnet werden. Damit die Dienstzeit gewertet wird, muss das Arbeitsverhältnis aber mindestens sechs Monate (Urlaubsgesetz) bzw. drei Monate (Landarbeitsordnung) gedauert haben. Auch geringfügige Arbeitsverhältnisse zählen! Ferner zählt für das Höchstausmaß von fünf Jahren auch die Zeit als selbständig Erwerbstätiger, wenn die Selbständigkeit wenigstens sechs Monate dauerte.

Schulzeiten

Meistens unbekannt ist die Anrechnung von Schulzeiten. Der Besuch einer berufsbildenden mittleren oder höheren Schule nach Vollendung der Schulpflicht ist mit bis zu vier Jahren vom Arbeitgeber auf die 25 Jahre anzurechnen. Ein Schuljahr zählt dabei als Kalenderjahr. Achtung, Ferialarbeit, mag sie auch drei Monate gedauert haben, zählt dann nicht noch extra, da Zeiten, wenn sie zusammenfallen nur einmal gewertet werden.

Wenn nun Beschäftigungszeiten und Schulzeiten zusammenfallen, so werden diese addiert, aber müssen diese in Summe nur mit höchstens sieben Jahren auf die 25 Jahre angerechnet werden. Viele unserer Mitglieder haben eine dreijährige landwirtschaftliche Fachschule besucht, wovon wegen Berücksichtigung der Schulpflicht zwei Jahre zählen. Obendrauf kommen die Beschäftigungszeiten, nicht selten werden auch die vollen fünf Jahre ausgeschöpft, weswegen so tatsächlich sieben Jahre zu berücksichtigen sind und die sechste Woche „bereits" nach 18 Jahren im Betrieb erworben wurde.

Verjährung

Viele beschäftigen sich mit der sechsten Urlaubswoche erst kurz vor der 25 Jahre Schwelle. Wenn nun die Prüfung ergibt, dass die sechste Urlaubswoche bereits seit Jahren besteht, führen Arbeitgeber gerne die Verjährung des Urlaubs ins Treffen. Nach der Grundregel verjährt der Anspruch auf Urlaub zwei Jahre nach Ende des Urlaubsjahres in dem er entstanden ist, doch gilt dies nur bedingt für die vergessene sechste Urlaubswoche.

Der Anspruch auf Urlaub und so auch die sechste Woche entsteht nicht aufgrund einer Vereinbarung sondern kraft Gesetzes und damit auch dann, wenn selbst beide Vertragsparteien davon nichts wissen. Entscheidend ist einzig, ob die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Tilgt ein Schuldner eine von mehreren Forderungen, so gilt mangels ausdrücklicher Bezeichnung immer die älteste Forderung als getilgt, da diese am ehesten von der Verjährung bedroht ist. Umgemünzt auf den Urlaub heißt das, gewährt der Arbeitgeber Urlaub – mit anderen Worten, zahlt seine Schuld – dann konsumiert der Arbeitnehmer immer den ältesten Urlaub vor dem jüngeren, wenn nichts anderes ausgemacht wird. Da die sechste Woche wie erwähnt schon dann entsteht, wenn nur die Voraussetzungen erfüllt sind, konsumiert der Arbeitnehmer nichts ahnend seine sechste Woche noch bevor er und Arbeitgeber wissen, dass es sie gibt.

Eine Verjährung findet in diesem Lichte nur in dem Fall statt, wenn der Urlaub auch dann verjährt wäre, hätte man von der sechsten Urlaubswoche rechtzeitig gewusst und den Urlaubsverbrauch nicht anders vereinbart als tatsächlich geschehen. War ein Arbeitnehmer regelmäßig auf Urlaub und hat nicht mehrere Jahresurlaube stehen, so wird auch die länger vergessene sechste Urlaubswoche in aller Regel nicht verjährt sein, mag der Stichtag auch mehr als drei Jahre zurückliegen.

Dank Kammerhilfe entdeckte ein „Spitzenreiter" auf diese Weise zuletzt elf Wochen unverjährten Urlaub, eine unverhoffte Wohltat. Wir rufen hiermit alle auf, ihren Urlaub zu finden, die Landarbeiterkammer hilft sehr gerne beim Suchen.

Mag. Johannes Schwaighofer